Es bricht mir das Herz, mein sechsjähriger Sohn zusammengekauert und weinend vor Angst zu sehen, während die Bomben auf uns hageln.

Unser Kollege in Gaza beschreibt den Schmerz, seine Familie nicht vor dem Grauen schützen zu können, das in Gaza geschieht, während Bomben fallen und Neugeborene in ihren Brutkästen sterben.

Mehrere Wochen sind vergangen und diese schreckliche Situation scheint kein Ende zu nehmen.

Wir Palästinenser sind Opfer eines Massakers, und die Welt ist Zeuge der Ermordung von Kindern, Frauen, älteren Menschen und sogar Tieren. Nichts und niemand wird verschont. Sie richten sich gegen alles Lebendige und machen vor nichts Halt.

Ich befürchte, dass wir die nächsten Tage und Wochen nicht überleben werden.

Vor zwei Tagen ertönten, während wir zu Mittag assen, in der Nähe gewaltige Explosionen. Mein sechsjähriger Sohn rannte schreiend weg und ich folgte ihm sofort. Ich fand ihn auf dem Boden neben dem Tisch liegend, er hielt sich die Ohren zu und weinte vor Angst.

Es hat mir das Herz gebrochen. Ich hatte ihn noch nie zuvor in diesem Zustand gesehen.

Meine Tränen flossen, während ich versuchte, ihn zu beruhigen. Nachdem er sich beruhigt hatte und ich mit ihm sprechen konnte, sagte er: «Der Lärm hat mir in den Ohren wehgetan». Ich antwortete ihm: «Keine Sorge, mein Sohn. Der Lärm hat jetzt aufgehört», und fragte ihn anschliessend, wie es ihm geht. «Ich habe Angst», antwortete er. Daraufhin antwortete ich: «Wir haben alle Angst, mein Sohn. Mach dir keine Sorgen. Es ist nichts Schlimmes daran, Angst zu haben

Beim Versuch, ihn zu beruhigen, haben mich meine Nerven im Stich gelassen. Ich habe als Vater versagt, da ich meinen Sohn und den Rest meiner Familie nicht beschützen und in Sicherheit bringen kann. Es gibt so viele Dinge, die ich nicht mehr für meine Familie tun kann. Ich fühle mich als schlechter Vater.

Ich habe meiner Familie stets einen angemessenen Lebensstandard geboten. In der Kindergartenzeit meines Sohnes habe ich mich engagiert und versucht, an Schulveranstaltungen und Zeremonien teilzunehmen. Ich wünschte, ich könnte ihn vor all dem hier beschützen.

Jetzt kann ich ihnen nicht mal mehr das gewohnte Essen bieten. Es ist kalt, da der Winter vor der Tür steht, aber sie haben nur Sommerkleidung, weil wir nicht alles mitnehmen konnten, als wir aus unserem Haus geflohen sind. In dem Gebiet, in dem wir uns momentan aufhalten, gibt es keine neue Kleidung. In den Geschäften ist nichts mehr übrig und die Menschen kämpfen darum, etwas zu finden.

Stellt euch vor, meine lieben Freunde, es gibt keinen Kaffee mehr in Gaza. Wenn jemand eine Packung Kaffee zuhause hat, ist es derzeit das Dreifache wert als vor Beginn der Krise. Selbst der Morgenkaffee ist momentan ein Luxus. Israel behauptet, die Belagerung von Gaza sei Selbstverteidigung, aber wie kann es Selbstverteidigung sein, Menschen das Trinken von Kaffee zu verbieten? Wie kann es Selbstverteidigung sein, uns den Zugang zu Mehl, Salz, Gewürzen und Toilettenpapier zu verweigern?

Uns wird alles vorenthalten. Ich glaube, wenn sie könnten, würden sie uns sogar den Sauerstoff entziehen.

Ich hab mit einer Kollegin von Islamic Relief gesprochen, die an einem Projekt arbeitete, das die Bereitstellung von Inkubatoren für kranke Neugeborene umfasste. Es sind dieselben Babys, die jetzt zum Tode verurteilt sind, weil ihre Inkubatoren aufgrund von dem fehlenden Strom nicht mehr funktionieren.

Meine Kollegin meinte zu mir: « Ich verstehe nicht, was hier vor sich geht. Wir haben dem Al Shifa Krankenhaus die Inkubatoren geschenkt, um das Leben der Neugeborenen zu retten. Jetzt sieht die ganze Welt live im Fernsehen zu, wie die Babys langsam sterben. Ich fühle mich so hilflos ».

Sie hat nicht die Macht, diesen Wahnsinn zu beenden. Wir klammern uns an unsere Hoffnung und erzählen unsere Geschichte.

Ich kann nicht aufhören, darüber nachzudenken, warum dies den Palästinensern widerfährt. Ich sage mir, dass es so ist, weil Allah uns auf die Probe stellen möchte, und ich danke dem Allmächtigen, dass ich noch lebe und die Geschichte meines Volkes erzählen kann. Ich werde Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, weiterhin schreiben und hoffe, dass Sie diese Geschichte weitergeben können.

Heute ist es uns gelungen, Oliven für unser Frühstück zu besorgen. Das hat mich daran erinnert, wie tief wir Palästinenser in diesem Land verwurzelt sind. Ich dachte an meinen Vater, der bei uns zu Hause drei Olivenbäume gepflanzt hatte und uns Kinder stets miteinbezogen hat. Er brachte uns bei, wie die verschiedenen Olivensorten schmecken, riechen und welche Farben sie haben. Wenn es Zeit war, die kleinen Früchte zu ernten, warnte er uns: «Zieht nicht zu stark an den Bäumen. Die Äste werden im nächsten Jahr die neuen Oliven tragen.» Auf der Suche nach den frischesten Oliven wurde mir klar, dass es immer Palästinenser geben wird, solange es Olivenbäume auf diesem Land gibt.

Und wenn ein Waffenstillstand unserem Leid, unserer Not und unserer Angst ein Ende setzt, könnte der Funke der Hoffnung, an den sich meine Familie klammert, eine Chance bekommen.

*Dieser Blog ist anonym, um die Sicherheit unseres Kollegen zu gewährleisten.

Dieser Blog wurde in einer rasanten und sich schnell verändernden Situation vor Ort verfasst, die sich seitdem weiter verschlechtert hat. Die Informationen waren zum Zeitpunkt Montagnachmittag, 13. November, aktuell.