Nach mehr als einer Woche des Konflikts der mindestens 230 Tote und mehrere Tausend Vertriebene mit sich brachten erklärt Bodour Abu-kuwaik von Islamic Relief die Lage in Gaza.
Im Gazastreifen ist ein Waffenstillstand in Kraft getreten. Ich kann immer noch nicht glauben, dass ich noch lebe. Vor nur ein paar Tagen sass ich bei mir zu Hause in Gaza auf dem Boden und war am arbeiten.
Der durch die Flugzeuge verursachte Lärm war unaufhörlich und bereitete mir Angst. Es fiel mir schwer, mich zu konzentrieren, da die Explosionen mein Haus erschütterten, als wäre es ein Erdbeben. Ich machte den Fernseher an, um Informationen zu erhalten was um mich herum passierte. Danach eilte ich zu meiner Arbeit zurück, bevor der Laptop-Akku wieder leer war. Ich konnte ihn noch nicht aufladen, da die Stromausfälle mehr als 16 Stunden am Tag andauern.
Während mehr als einer Woche erlitten mehr als 2 Millionen Menschen im Gazastreifen unerbittliche und verheerende Bombardierungen vom See, vom Land und aus der Luft. Es wurden mehr als 230 Menschen – viele davon Kinder, Frauen und ältere Menschen – getötet, rund 1.900 weitere wurden verletzt. Wohngebäude, Strassen und lebenswichtige Infrastrukturen wurden zerstört, und bekannte Orte wie das Café Maldives in Gaza sind unkenntlich. Es ist ein trauriger und beängstigender Anblick. Meine Schwester lebt im Stadtzentrum, normalerweise ein belebter und überfüllter Ort. Eine Bombe traf ein Wohngebäude neben ihrem Haus. „Die ganze Nachbarschaft liegt in Trümmern“, sagte mir meine Schwester, als ich sie anrief, um mich zu vergewissern, ob es ihr und ihrer Familie gut geht. “Es gleicht jetzt einer Geisterstadt.”
Nach Angaben des Amtes der Vereinten Nationen für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (OCHA) flohen aufgrund der Bombenanschlägen rund 91.000 Palästinenser aus ihren Häusern.
Diejenigen, die in ihren Häusern bleiben konnten, waren mit etlichen Schwierigkeiten konfrontiert. Während 3 Tagen konnte meine Familie kaum Wasser auftreiben. Das Strom- und Wassernetz wurde schwer beschädigt. Die Bombardierungen beschädigten auch unsere Abwassersysteme und verursachten somit eine weitere Gesundheitskrise. Unser Gesundheitswesen steht nach Jahren der Blockade und nun der Corona-Pandemie vor dem Kollaps. Medikamente und medizinische Grundversorgung sind knapp und unsere Krankenhäuser können kaum funktionieren.
Ich verbrachte die ganze Nacht damit, mich an ein Jahr zu erinnern, in dem das Leben schön war. Ich erinnere mich nicht. Ich muss ständig an die Mütter in Gaza und ihre verängstigten Kinder, die sich nicht beruhigen lassen, denken.
Während der Bombardierungen liess ich meine Fenster, aus Angst sie könnten explodieren, offen. Bei jeder Explosion hörte ich die Schreie der Kinder in den Nachbarhäusern. Angst und Panik sind die einzigen Gefühle der Kinder hier, wo sie noch vor ein paar Tagen voller Vorfreude das Eid, das mit Süssigkeiten und neuen Kleidern gefeiert wird, kaum erwarten konnten. Stattdessen weinten sie, und waren in ständiger Angst. Ihr Zustand brach mir das Herz. Es herrscht zwar Waffenstillstand und der Bombenhagel hat aufgehört, aber wie wird die Zukunft dieser Kinder aussehen? Diese jüngste Gewalteskalation erfolgte nach mehr als 15 langen und harten Jahren der Blockade.
Die Arbeitslosigkeit ist in Gaza, besonders bei den Jüngeren, weit verbreitet. Auch Armut ist weit verbreitet. Um für ihren Lebensunterhalt aufzukommen, sind viele Familien auf humanitäre Organisationen wie Islamic Relief angewiesen. Bei all diesen Gedanken, die mir nachts durch den Kopf gehen, finde ich keine Erleichterung, wenn ich aufwache. Ich fürchte mich vor erneuten Zerstörungen und noch mehr Leid. Wenn ich rausgehe, sehe ich überall Traurigkeit, Schmerz und Verwüstung. Rauch kommt aus einer beschädigten Plastikfabrik.
Ich sehe Familien, die mit gebrochenen Herzen in ihre zerstörten Häuser zurückkehren. Sie sind besorgt um die Zukunft. Ich bin sicher, dass die zerstörten Häuser und Gebäude wieder aufgebaut werden können – aber was ist mit all den zerstörten Leben? Wer hilft diesen beim Wiederaufbau?
Islamic Relief arbeitet sehr hart daran, das Leid jener zu lindern, die diese jüngste Katastrophe in Gaza überlebt haben. Wir brauchen dringend medizinische Geräte für Intensivpflege, Notfälle und Operationen. Heute unterstützte ich meine Kollegen, die Lebensmittel und andere Artikel wie Bettwäsche und Hygieneartikel an betroffene Familien verteilten – insgesamt wollen wir rund 10.000 Familien erreichen. Die Menschen freuen sich über Lebensmittelpakete und andere Artikel. Wir können ihnen aber nicht das geben, was sie sich am meisten wünschen – wir können ihnen ihre Liebsten nicht zurückbringen. Aber wir können das tun, was Islamic Relief seit über 20 Jahren jedes Mal in schweren Krisen tut; wir können den schutzbedürftigen Palästinensern zur Seite stehen.
Ich danke den Spendern von Islamic Relief für ihre Grosszügigkeit und für ihre Unterstützung für die Palästinenser in dieser schwierigen Zeit. Mit Ihrer Unterstützung werden wir weiterhin unser Möglichstes tun, um das Leiden der Schwächsten zu lindern und die Hoffnung zu bewahren.
ICH SPENDE FÜR PALÄSTINA