Notfall Libanon

Islamic Relief lanciert einen Spendenaufruf über 11 Millionen CHF, um den Opfern des Konflikts zu helfen.

 

Notfall Libanon

Islamic Relief hat einen Nothilfe-Aufruf über 11 Millionen CHF für den Libanon lanciert. Das Land wurde von den schwersten Anschlägen seit Jahrzehnten getroffen: Mehr als 1944 Menschen wurden getötet, darunter 127 Kinder, und mehr als 9’350 Menschen wurden verletzt. Angesichts der sich verschärfenden humanitären Lage verstärken wir unsere Unterstützung für Vertriebene und betroffene Familien. 

Hintergrund der humanitären Krise im Libanon 

Seit dem 8. Oktober 2023 befindet sich der Libanon in einer beispiellosen Krise. Israelische Luftangriffe haben rund 4000 Wohnhäuser zerstört und weitere 20000 schwer beschädigt. Die Folgen für die Zivilbevölkerung sind verheerend: Mehr als 1 Million Menschen sind innerhalb des Landes auf der Flucht. Die Zerstörung wichtiger Zivilinfrastruktur wie Bauernhöfe, Märkte und Wasserversorgungssysteme hat das Leid der Bevölkerung, die bereits unter einer schweren Wirtschaftskrise leidet, noch verschlimmert. 

Islamic Relief vor Ort  

Islamic Relief ist seit 2006 im Libanon tätig und hat seit Beginn der Eskalation seine Unterstützung verstärkt, um den Betroffenen lebensrettende Hilfe zukommen zu lassen. Wir haben Tausende von Lebensmittelpaketen, Hygienesets, Decken und Matratzen an vertriebene Familien in Regionen wie Nabatieh, Tyrus, Bekaa und Baalbek verteilt. Zusätzlich wurden über 17’000 medizinische Hilfsgüter an Krankenhäuser und Kliniken geliefert, um die medizinische Notversorgung zu unterstützen.  

Unsere Unterstützung in Zahlen (Stand 04. Oktober 2024): 

Verteilte Lebensmittelpakete: 9’210 Pakete

Verteilte Hygienepakete: 2273 Pakete 

Decken und Matratzen: 2670

– Medizinische Artikel: 17’609 Artikel geliefert

Interventionsplan zur Bewältigung der Krise

Der Nothilfe-Aufruf in Höhe von 11 Millionen CHF zielt darauf ab, die Kapazitäten von Islamic Relief in vier Schlüsselbereichen zu stärken: 

  1. Ernährungssicherheit (über 2 Millionen CHF): Verteilung von Lebensmittelpaketen, Lebensmittelgutscheinen und Bargeldhilfen, um die unmittelbaren Bedürfnisse der Familien zu decken. 
  2. Gesundheit (über 1 Millionen CHF): Unterstützung der medizinischen Grundversorgung, Behandlung von Verletzten, medizinische Grundversorgung von Müttern und Neugeborenen mit Schwerpunkt auf psychologischer Betreuung und Impfungen.
  3. Nothilfe (über 1 Million CHF): Verteilung von Hilfsgütern wie Matratzen und Decken. 
  4. Sanitäre Soforthilfe (1 Million CHF): Verteilung von Hygiene-, Menstruations- und Baby-Sets sowie Wassertransport mit Lastwagen.

Appell an die internationale Solidarität

Der Direktor von Islamic Relief im Libanon, Akram Sadeq Ali, sagte: «Im Libanon herrscht Chaos und unsere Priorität ist es, den vertriebenen Familien, die in überfüllten Schulen Zuflucht suchen, lebensrettende Hilfe zukommen zu lassen. Jede Spende kann etwas bewirken. Wir fordern einen sofortigen Waffenstillstand und den Schutz der Zivilbevölkerung im Einklang mit dem Völkerrecht». 

Islamic Relief koordiniert weiterhin seine Aktivitäten mit den lokalen Behörden und Partnerorganisationen, um effektiv auf die dringenden Bedürfnisse der Bevölkerung zu reagieren. 

Ein Aufruf zur Solidarität und ein sofortiges Handeln sind notwendig, um die betroffenen Familien zu unterstützen.  

FAQ:

Transparenz ist uns sehr wichtig, deshalb sind wir hier, um Ihre Fragen direkt mit den neuesten Informationen über unseren aktuellen humanitären Einsatz in Libanon zu beantworten

Am 17. und 18. September wurden im ganzen Libanon Pager und Kommunikationsgeräte in die Luft gesprengt, was zahlreiche Opfer forderte. Am 23. September begann Israel mit massiven Luftangriffen, die zum tödlichsten Tag im Libanon seit Jahrzehnten, zumindest seit dem Ende des Bürgerkrieges 1975-1990, führten. Die israelischen Bombardierungen werden seither fortgesetzt, auch auf Wohngebiete, und die Zahl der Todesopfer steigt täglich weiter an. 

Bis Dato wurden fast 1944 Menschen getötet, darunter mindestens 127 Kinder, und mehr als 9’350 Menschen verletzt. 

Die humanitäre Krise verschärft sich von Tag zu Tag. Seit Beginn der Krise wurden mindestens 1 Million  Menschen vertrieben – obwohl genaue Zahlen in dem Chaos schwer zu bestätigen sind und jeden Tag mehr Familien fliehen. Auf den Strassen bilden sich lange Schlangen von Autos mit verängstigten Familien. Dutzende Schulen wurden zu Notunterkünften umfunktioniert und sind nun mit vertriebenen Familien überfüllt. Teams von Islamic Relief haben bisher sieben dieser Schulen besucht und berichten, dass viele Familien kaum Zugang zu lebensnotwendigen Gütern wie Nahrung und Wasser haben. Die Krankenhäuser sind überlastet und mussten den Betrieb einstellen, um die vielen Verletzten vorrangig behandeln zu können. 

Die Situation ändert sich von Tag zu Tag. Derzeit verlassen viele Familien den Süden des Libanon und fliehen in Gebiete, in denen sie sich mehr Sicherheit erhoffen, wie Teile des Libanon-Gebirges, Beirut und den Norden des Landes. Im ganzen Land wurden 283 Notunterkünfte eingerichtet. 

Die Krise im Libanon eskaliert seit dem 8. Oktober 2023. Im vergangenen Jahr haben Hunderte von israelischen Luftangriffen mehr als 110.000 Menschen im Libanon aus ihren Häusern vertrieben – noch vor den neuen Massenvertreibungen der letzten Tage. Die Bombardierungen haben mindestens 24.000 Häuser zerstört oder schwer beschädigt und den Zugang zu lebenswichtigen Dienstleistungen wie der Wasserversorgung unterbrochen. 

Landwirtschaftsbetriebe und Märkte wurden beschädigt, was die Produktion und Verfügbarkeit von Nahrungsmitteln beeinträchtigt. Der Raketenbeschuss aus dem Libanon auf den Norden Israels hat ebenfalls Opfer unter der Zivilbevölkerung gefordert und Tausende in die Flucht getrieben. 

Das Land ist in Aufruhr, und die jüngste Eskalation verschärft die Wirtschaftskrise, die den Libanon in den letzten Jahren heimgesucht hat, mit der Zerstörung der öffentlichen Dienstleistungen und dem Abrutschen vieler Familien in die Armut. Der Bedarf an humanitärer Hilfe ist grösser denn je. 

Islamic Relief hat einen Spendenaufruf über 11 Millionen CHF gestartet, um die Hilfe für die betroffenen und vertriebenen Menschen zu verstärken. 

Im vergangenen Jahr, seit der Eskalation der Krise im Oktober 2023, haben wir mehr als 39.000 Vertriebene mit Hilfsgütern wie Lebensmittelpaketen, Hygienesets, Matratzen und Decken versorgt und Krankenhäuser und mobile Kliniken mit medizinischem Material beliefert. Besonders umfangreich sind unsere Massnahmen in Nabatieh, Tyrus, Bekaa und Baalbek, wo die meisten Vertriebenen Zuflucht suchen. 

Wir verteilen nun Lebensmittel, Decken und Matratzen an die neu vertriebenen Familien, die in Notunterkünften wie Schulen untergebracht sind. Unser Team hat in sieben Schulen eine Bedarfsanalyse durchgeführt bzw. Hilfsgüter verteilt. Bis Dato haben wir 1’335 Decken und 1’335 Matratzen in einer Schulunterkunft in der Gemeinde Bassir im Libanon-Gebirge verteilt. Mit dem neuen Aufruf können wir diese Arbeit ausweiten und noch mehr Menschen erreichen. 

Die Krise betrifft jeden, sowohl die libanesischen Bürger als auch die vielen syrischen und palästinensischen Flüchtlinge, die im Land leben. Der Libanon beherbergt eine enorme Anzahl von Flüchtlingen, darunter etwa 1,5 Millionen Menschen, die bereits vor dem Krieg im benachbarten Syrien geflohen sind. 

Wie immer in Notsituationen sind besonders schutzbedürftige Gruppen wie Menschen mit Behinderungen, ältere Menschen und Kleinkinder am stärksten gefährdet und benötigen unsere Unterstützung. Unsere Hilfe richtet sich auch an Haushalte, die von alleinstehenden Frauen geführt werden. 

Islamic Relief ist seit 2006 im Libanon tätig und verfügt über ein grosses Team, das überwiegend aus Libanesen besteht und über das ganze Land verteilt ist. Unsere Mitarbeiter leisten direkte Hilfe. 

Ja, wir stimmen uns eng mit anderen wichtigen Organisationen ab, um sicherzustellen, dass wir keine Doppelarbeit leisten und die am dringendsten benötigte Hilfe dort leisten, wo der Bedarf am grössten ist. 

So sind wir beispielsweise Mitglied der vom Welternährungsprogramm (WFP) geleiteten Task Force für Ernährungssicherheit und der vom UNHCR geleiteten Task Force für Nothilfe. Wir stimmen uns auch eng mit anderen lokalen und internationalen Hilfsorganisationen sowie mit lokalen Behörden und Fachministerien ab – zum Beispiel mit den Kontaktstellen für Katastrophenvorsorge und Katastrophenmanagement in den Provinzen, in denen wir tätig sind. Ausserdem stimmen wir uns mit der Friedensmission United Nations Interim Force in Lebanon  (UNIFIL) ab, um einen sicheren Zugang zu notleidenden Menschen in Teilen des Südens zu gewährleisten. 

Wir sind erleichtert, dass bisher keiner unserer Mitarbeiter verletzt wurde. Wir sind allerdings sehr traurig, dass unter den bisher Getöteten auch zwei Mitarbeiter des UNHCR sind. Humanitäre Helfer müssen geschützt werden und sicher zu den Menschen in Not gelangen können.  

Mit unserer Arbeit im Libanon haben wir im vergangenen Jahr mehr als 196.000 Menschen unterstützt. Unsere Arbeit umfasst Projekte zur Unterstützung von Flüchtlingen und lokalen Gastgemeinden, lebensrettende medizinische Eingriffe und die Bereitstellung von Gesundheitseinrichtungen, die Reparatur von Wasserversorgungsnetzen und die Bereitstellung von Energie und Solarstrom. Während der kalten Wintermonate versorgen wir arme Familien mit Heizmaterial, Lebensmitteln und Decken und organisieren die jährlichen Ramadan- und Kurban-Verteilungen. 

Unsere längerfristigen Programme mussten aufgrund der Sicherheitslage vorübergehend ausgesetzt werden und wir konzentrieren uns derzeit auf die Intensivierung unserer Nothilfe. 

Während Israel weiterhin ungestraft Zivilisten in Gaza und im Westjordanland angreift, eskaliert die Lage nun auch im Libanon. 

Im Gazastreifen, im Libanon und in der gesamten Region muss unverzüglich ein Waffenstillstand ausgerufen werden. Das Völkerrecht muss respektiert werden – Zivilisten müssen geschützt werden, zivile Infrastruktur wie Schulen und Krankenhäuser dürfen nicht angegriffen werden und humanitäre Organisationen müssen sicheren und ungehinderten Zugang zu den Menschen in Not haben. 

 

Als humanitäre Organisation appelliert Islamic Relief an alle Parteien, das Völkerrecht zu respektieren. Alle Zivilisten müssen geschützt werden, zivile Infrastruktur darf nicht angegriffen werden und Hilfe muss die Bedürftigen erreichen können. 

Der Bedarf ist enorm und wächst von Tag zu Tag. Wir haben das ganze letzte Jahr über Hilfe für die Vertriebenen geleistet und unser Ziel ist es nun, diese Projekte auszuweiten, um noch viel mehr Menschen zu erreichen. Wir arbeiten mit vertrauenswürdigen Lieferanten und Banken zusammen und sind derzeit in der Lage, mehr Hilfsgüter zu beschaffen und zu verteilen. Aber je länger die Krise andauert und je mehr sie sich verschärft, desto schwieriger wird es. Wir sehen bereits, dass die Preise für lebenswichtige Güter auf den lokalen Märkten steigen, da die Vorräte knapper werden. 

Islamic Relief arbeitet auf der Grundlage humanitärer Bedürfnisse und der Möglichkeit, Zugang zu den Bedürftigsten zu erhalten und Hilfe zu leisten. Wir haben weder ein Team noch Partner vor Ort in Israel. Die israelische Regierung hat keine humanitäre Hilfe von internationalen NGOs angefordert und verfügt über die Mittel und Kapazitäten, um darauf zu reagieren. 

Im vergangenen Jahr haben wir im Gazastreifen erlebt, wie die israelische Armee die Menschen immer wieder aufforderte, ihre Häuser und Wohngebiete zu verlassen, um dann Zivilisten zu bombardieren, die nirgendwo in Sicherheit waren. Menschen mit Behinderungen, ältere Menschen, Kranke, Schwerkranke und unterernährte Kinder haben nur wenige Stunden Zeit, um ihre Häuser zu verlassen. Dann werden sie bombardiert, egal ob sie gehen oder bleiben. Diese Befehle sind unmenschlich und verursachen unermessliches Leid und Massenpanik. 

Es ist äusserst beunruhigend, dass diese Taktik nun offenbar auch im Libanon angewendet wird. Die Menschen im Süden des Libanon und in Beirut hatten nur wenige Stunden Zeit, bevor die Bombardierungen begannen. Viele der schutzbedürftigsten Menschen haben nicht die Möglichkeit, einfach wegzugehen, während andere nirgendwo hingehen können. Die Aufforderung, das Gebiet zu verlassen, entbindet Israel nicht von seiner Verpflichtung nach dem humanitären Völkerrecht, Zivilisten, die bleiben wollen oder nicht gehen können, keinen Schaden zuzufügen.